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Fachbeitrag
13.10.2021  |  2764x
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Der Arbeitsplatz-Staubgrenzwert - Konsequenzen und Lösungen

Welche Auswirkungen hat der allgemeine Staubgrenzwert in produzierenden Unternehmen? Lösungsansätze und deren Auswirkungen werden im Beitrag beschrieben.
Ein Gespenst geht um in Deutschland – das Gespenst namens Feinstaub. Und während in den Medien, Talkshows und politischen Gremien tapfer darüber diskutiert wird, wie man die Menschen im öffentlichen Raum mit Grenzwerten effektiv schützen kann, wird dies im produzierenden Gewerbe bereits durchaus praktiziert – oder eben auch noch nicht.
Bei Schleifarbeiten entstehen teils erhebliche Mengen an Stäuben
Bei Schleifarbeiten entstehen teils erhebliche Mengen an Stäuben

Zeitenwende

Am 31.12.2018 endete die Übergangsfrist für den neuen Allgemeinen Staubgrenzwert (ASGW) für granulare biobeständige Stäube der A-Fraktion (lungengängig/alveolar). Dieser wurde bereits im April 2014 vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) auf 1,25 mg/m³ festgesetzt und basiert, wie in der TRGS (Technische Regel für Gefahrstoffe) 900 definiert, auf einer mittleren Dichte von 2,5 g/cm³. Der Grenzwert für Partikel der E-Fraktion (einatembar) liegt bei 10 mg/m³.


Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) verweist bei der Anwendung des ASGW darauf, dass dieser als Schichtmittelwert festgelegt wurde und dabei für schwer lösliche bzw. unlösliche Stäube, die nicht anderweitig reguliert sind, oder für Mischstäube anzuwenden ist. Sie erklärt zudem, dass laut TRGS der ASGW für folgende Stoffe gilt:
  • Aluminium
  • Aluminiumhydroxid
  • Aluminiumoxid (faserfrei, außer Aluminiumoxid-Rauch)
  • Bariumsulfat
  • Graphit
  • Kohlestaub
  • Kunststoffstäube (z.B. Polyvinylchlorid, Bakelit, PET)
  • Magnesiumoxid (außer Magnesiumoxid-Rauch)
  • Siliciumcarbid (faserfrei)
  • Talk
  • Tantal
  • Titandioxid

Der ASGW darf nicht angewandt werden für

  • Ultrafeine Stäube
  • Stäube mit spezifischer Toxizität (z. B. Stäube mit erbgutverändernden, krebserzeugenden, fibrogenen oder sensibilisierenden Wirkungen)
  • Lösliche Stoffe
  • Lackaerosole
  • Grobdisperse Partikelfraktionen
  • Stäube mit hergestellten Nanomaterialien
  • Untertägige Arbeitsplätze

Was bedeutet das nun für produzierende Unternehmen?

Die Ermittlung und Bewertung von Gesundheitsrisiken durch Stäube am Arbeitsplatz ist recht aufwändig, da der Staubanteil in der Luft nie konstant ist. Außerdem spielen die Zusammensetzung der Staubfraktion, die Staubpartikeldichte und eine mögliche Löslichkeit der Stoffe eine Rolle.
In jedem Fall ist es nicht ausreichend, Atemschutzmaßnahmen (z.B. Schweißhelme mit Atemschutz) bereitzustellen. Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung und Einführung von Schutzmaßnamen sollte die „STOP-Rangfolge“ beachtet werden:

STOP-Rangfolge


S − Substitution; Wechsel zu Arbeitsmitteln, Materialien oder Arbeitsverfahren mit geringerer Staubbelastung

T − technische Maßnahmen; Staubaustrag durch Maschinen reduzieren (z.B. durch Einkapselung), Einsatz von Absauganlagen und Staubschutzwänden, u.a.

O − organisatorische Maßnahmen; Anzahl der Mitarbeiter im gefährdeten Bereich minimieren; Auswahl, Tragen und Lagerung von Arbeitskleidung definieren, u.a.

P − personenbezogene Maßnahmen; Im Bedarfsfall Einsatz von geeigneter persönlicher Schutzausrüstung (PSA)


Im Folgenden soll der Schwerpunkt auf dem Einsatz von Lösungen zur Luftreinhaltung, sprich Absaug- und Filteranlagen, liegen.
Punktabsaugung vs. Hallenabsaugung
Punktabsaugung vs. Hallenabsaugung

Erfassung der Luftschadstoffe

Die Beseitigung luftgetragener Schadstoffe wie Stäube, Rauche, Gase oder Dämpfe beginnt bei der Erfassung. In vielen Unternehmen wird dazu − je nach Größe der Produktionsräume - eine Hallenabsaugung eingesetzt. Hier kommt schon das erste Problem zu tragen, denn eine Hallenabsaugung ist weit weniger effektiv als eine Punktabsaugung. Punktabsaugung bedeutet, dass die Partikel bereits an der Entstehungsstelle per Erfassungselement bzw. Absaugarm entfernt werden, sodass sie nicht in die Umgebungsluft gelangen können. Denn je näher man an der Schadstoffquelle absaugt desto höher ist der Erfassungsgrad. Je weiter man die Erfassung vom Emissionsursprung entfernt, desto höher ist die Energiemenge, die man aufwenden muss. Zusätzlich steigt der Geräuschpegel, da die Leistung der Unterdruckmodule/Ventilatoren in den Absaugeinrichtungen bzw. –anlagen gesteigert werden muss.

Auch die Auswahl des geeigneten Erfassungselementes ist von Bedeutung, schließlich soll der Großteil der entstehenden Luftschadstoffe seinen Weg in die Filteranlage finden und sich nicht unkontrolliert im Arbeitsbereich verteilen. Erfassungselemente gibt es in unterschiedlichsten Varianten und Formen. Je nach Schadstoffart und deren physikalischen und chemischen Eigenschaften, Thermik und Luftströmungsaspekten muss das entsprechend passende Erfassungselement eingesetzt werden. Im optimalen Fall übernehmen Spezialisten die Auswahl der geeigneten Lösung, denn die Höhe des Erfassungsgrades bildet die Grundlage für die nachträglich stattfindende möglichst hochgradige Filtration − je mehr Schadstoffe aufgenommen werden, desto reiner die Umgebungsluft.

In seiner Broschüre „Erfassen luftfremder Stoffe“ weist der Fachverband VDMA darauf hin, dass Erfassungsgrad und Erfassungsluftstrom eine entscheidende Rolle für die Auswahl der optimalen Erfassungslösung sind. Wird diese nach Einbeziehung der örtlichen Parameter und Einflüsse wie etwa Luftgeschwindigkeit der Emissionen oder Strömungsmechaniken eingesetzt, steigt der notwendige Erfassungsgrad bei minimalem Erfassungsluftstrom.
Speicherfiltergerät für kleinere/mittlere Staubmengen
Speicherfiltergerät für kleinere/mittlere Staubmengen

Anforderungen an Filtertechnik

Auch die Anforderungen an die notwendige Filtertechnik steigen, denn die Abscheidegrade und somit Filtrationsgüte der Absauganlagen müssen entsprechend gewährleistet werden. Wenn bis dato gängige Lösung wie H13-Filtermedien (HEPA = High Efficiency Particulate Air filter) eingesetzt wurden, erfordert die neue Regelung den verstärkten Einsatz von H14-Filtern, die in der Vergangenheit nur bei speziellen Applikationen zum Einsatz kamen.

Im Folgenden werden die wichtigsten Filtertechnologien vorgestellt, wobei das Hauptaugenmerk auf den Feinstaub- bzw. Schwebstofffiltern liegt.

Grobstaubfilter/Speicherfilter

Grobstaubfilter finden ihren Einsatz häufig als Vorfilter. Dabei werden in erster Linie grobe Partikel >10 µm abgeschieden. Bewährt haben sich im industriellen Einsatz vor allem die Bauformen als Filtermatten, Filterkassetten, Taschenfilter, Metallgestrick- oder Drahtrahmenfilter. Da es sich bei groben Stäuben zumeist um trockene Partikel handelt, ist diese Filtertechnologie im industriellen wie handwerklichen Bereich standardmäßig im Einsatz.
Patronenfiltergerät für größere Staubmengen
Patronenfiltergerät für größere Staubmengen

Feinstaubfilter/Patronenfilter

Feinstaubfilter werden vorrangig zur Abscheidung von luftgetragenen Schadstoffen >1 µm eingesetzt. Auch wenn sie als Taschenfilter oder Kompaktkassetten erhältlich sind, hat sich der Einsatz in Form von abreinigbaren bzw. regenerativen Filtern, z.B. in Form von Patronen, in der Industrie bewährt. Der Vorteil von Patronenfiltern liegt in deren relativ langer Standzeit, d.h. der Abscheidegrad ist auch bei schwankendem Luftstrom stets hoch (bis 98%).

Schwebstofffilter

Besonders kritisch sind Prozesse, die augenscheinlich wenige Schadstoffe produzieren, weil bei Schadstoffpartikeln im Nanometerbereich oftmals keine Agglomeration mehr stattfindet und die Nanopartikel ihre Größe behalten (< 1µm). Diese gelangen dann in Lunge und Blut und können im schlimmsten Fall die Lebenserwartung verkürzen. Entscheidend für eine sichere Filtration dieser Nanopartikel ist der Einsatz von HEPA-Filtern (H13/H14). Sie werden überwiegend als Speicherfilter in Form von Kassetten verwendet.
Gemäß den Anforderungen der EN 1822-1:2009 beträgt der Abscheidegrad bei H14-Filtern 99,995% und sorgt damit für nahezu reinste Abluft.
Zudosierung von Filterhilfsmitteln zur optimalen Abscheidung
Zudosierung von Filterhilfsmitteln zur optimalen Abscheidung

Modulare Systeme

Da luftgetragene Schadstoffe in der Praxis weder nur grob noch nur fein sind, sondern oftmals Partikelgrößen zwischen >1 µm und <10 µm entstehen, haben sich Absaug- und Filtersysteme bewährt, welche die Vorteile der jeweiligen Filterprinzipien vereinen. Dabei handelt es sich um spezielle Geräte- und Filtereigenschaften, die je nach Anwendung konzipiert werden können.

Im Falle besonders klebriger Stäube besteht die Gefahr des irreversiblen Zusetzens der Filtermodule. Abhilfe schafft hier eine Zudosierung mit einem pulverförmigem Filterhilfsmittel. Es bindet die klebrigen Partikel und setzt sich mit diesen als gut abreinigbarer Filterkuchen auf den Filterelementen ab.

Adsorptionsfilter

Gas- oder dampfförmige Stoffe sowie Gerüche können in Aktivkohle oder anderen Sorbentien gespeichert werden. Aktivkohle wird aus organischen Stoffen (z.B. Torf oder Nussschalen) hergestellt und bieten eine adsorptionsfähige Oberfläche bis zu 1.700 m²/g. Dadurch ergeben sich ein sehr hoher Abscheidegrad und eine enorme Speicherkapazität, was in äußerst hohen Filterstandzeiten resultiert.
Bei höheren Konzentrationen wären auch Verbrennungsprozesse sinnvoll, lohnen sich energetisch aber erst dann, wenn der Verbrennungsprozess stabil ist und ohne eigene Energiezufuhr laufen kann. Eine Zwischenstufe sind katalytische Prozesse, die aber stets einen gleichbleibenden Schadstoffmix erfordern. Unterm Strich sind Sorbentien flexibler einsetzbar, bedürfen allerdings eine genaue Befolgung der organisatorischen Maßnahmen bzw. der Wechselintervalle.

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